Autor: Rechtsanwalt Hubert Gmünder
Wer immer ein nicht neu gebautes Haus erwirbt, wird regelmässig in dem vom Grundbuchamt aufgesetzten Kaufvertrag eine Klausel finden, wonach jede Gewährleistung, soweit rechtlich möglich, wegbedungen wird. Obwohl das Gesetz an und für sich eine andere Risikoverteilung vorsieht und den Verkäufer einer Immobilie während fünf Jahren für Sach- und Rechtsmängel haften lässt, ist es allgemeine Usanz – ausser bei neu erstellten Liegenschaften – diese Gewährleistungspflicht des Verkäufers auszuschliessen. Das Risiko der Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstands trägt in der Folge der Käufer und nicht der Verkäufer.
Es gibt gute Gründe für diese Regelung, weil kleinlicher Streit über unbedeutsame Mängel so gar nicht erst aufkommt. Der Käufer ist daher gut beraten, den Kaufgegenstand sorgfältig zu prüfen, wenn er eine solche sogenannte Freizeichnungsklausel akzeptiert und den Verkäufer aus seiner Gewährleistungspflicht entlässt. Dieser wiederum hat gewisse Aufklärungspflichten und kann sich nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen, wenn er ihm bekannte nennenswerte Mängel arglistig verschwiegen hat (vgl. dazu BLOG SMS vom 13. November 2014 “Grundstückverkauf: Aufklärungspflichten des Verkäufers“).
In einer neuen Entscheidung hat sich das Bundesgericht wieder mit diesem Fragenkomplex beschäftigt. Der Mangel war hier nicht arglistig verschwiegen worden, sondern auch der Verkäuferschaft nicht bekannt gewesen. Das Bundesgericht hielt dazu fest, die Wegbedingung der Haftung für Mängel sei, wenn der wirkliche Wille der Parteien nicht zweifelsfrei feststellbar sei, nur mit Einschränkungen wirksam. So falle ein Mangel nicht unter den Gewährleistungsausschluss, wenn er gänzlich ausserhalb dessen lag, womit ein Käufer vernünftigerweise habe rechnen müssen. Im konkreten Fall bestand beim gekauften Mehrfamilienhaus eine ungenügende Fundation durch das teilweise Fehlen einer Verankerung im gewachsenen Boden. Dieser Mangel konnte sehr schwerwiegende Folgen nach sich ziehen und lag gänzlich ausserhalb dessen, womit der Käufer einer Neubaute vernünftigerweise rechnen muss. Das Bundesgericht betrachtete daher die sogenannte Freizeichnungsklausel als unwirksam und verpflichtete die Verkäuferschaft, die Sanierungskosten von rund CHF 140’000.– zu tragen (Bundesgerichtsurteil vom 12. April 2018 4A_444/2017).
Wann immer ein Grundstück verkauft wird, ist es angezeigt, die von den Ämtern häufig routinemässig vorgeschlagenen Gewährleistungsklauseln auf die konkrete Si-tuation hin zu überprüfen – sei es aus Verkäufersicht oder aus Käufersicht. Die Stan-dardklausel kann je nach Situation völlig abwegig und namentlich auch wirkungslos sein.