Zins ist der Preis für Geld. Und weil die Notenbanken seit einigen Jahren Geld in rauen Mengen drucken, fällt dessen Preis. Der Bankkunde freut sich über tiefe Hypothekarzinsen und nimmt gleichzeitig mit Bedauern zur Kenntnis, dass die Zinsen auf seinem Spargeld – genauso wie der Euro und die Börse in den letzten Tagen – in den tiefen Keller sausen. Selbst Negativzinsen sind ein Thema.
Unerschüttlicher Fels in der Zinsenbrandung sind jene Erträge, die im Rahmen einer rechtlichen Auseinandersetzung geschuldet sind. Art. 104 Abs. 1 OR sieht “Verzugszinse zu fünf vom Hundert für das Jahr” vor, “selbst wenn die vertragsmässigen Zinse weniger betragen”. Wer also einer fälligen Verbindlichkeit nachspringt, ist gut beraten, den Schuldner durch Mahnung in Verzug zu setzen (Art. 102 Abs. 1 OR), um dann Anspruch auf Verzugszins 5 % p.a. zu haben. Diese gesetzliche Regelung ist oft ein Trostpflaster für Leistungserbringer wie z.B. Handwerker, deren Forderungen auf dem Inkasso -, allenfalls Gerichtsweg eingebracht werden müssen. Die unbegründete Verweigerung einer Zahlung kann damit anderseits den Schuldner teuer zu stehen kommen.
Vom Verzugszins zu unterscheiden ist der Schadenszins. Der erste läuft ab Inverzugssetzung, der zweite ab Entstehung des Schadens. Auch der Schadenszins beträgt 5 % pro Jahr, jedenfalls vermutungsweise (Art. 73 OR). Er bezweckt, den Anspruchsberechtigten so zu stellen, wie wenn dieser für seine Forderung bereits am Tag des Schadeneintritts befriedigt worden wäre. Ein Beispiel: Wer bei einem Verkehrsunfall einen Totalschaden an seinem Auto erleidet, welcher erst ein Jahr später ersetzt wird (z.B. wegen nötigen Abklärungen über die Rechtslage), hat nicht nur Anspruch auf den Wert des Schadens am Unfalltag, sondern zusätzlich auf 5 % Schadenszins.
Auch in anderen Bereichen des Haftpflichtrechts wird mit hohen Zinsen gerechnet, zum Beispiel beim Kapitalisierungszinsfuss. Er ist dort von Bedeutung, wo der Geschädigte anstelle einer Rente ein Kapital erhält. In konstanter (in neuerer Zeit immer mehr kritisierter) Rechtsprechung wendet das Bundesgericht – und mit ihm die Versicherungspraxis – einen Kapitalisierungszinsfuss von 3,5 % an. Der Zinsvorteil, von dem der Kapitalempfänger profitiert, wird bei der Kapitalisierung durch eine entsprechende Abzinsung (Diskontierung) kompensiert, der unterstellte Zinsertrag wird dem Kapitalempfänger angerechnet. Da es sich hier um eine Abzinsung handelt, führt die Erhöhung des Kapitalisierungszinsfusses zu einer Verkleinerung des Barwerts, d.h. des heute ausbezahlten Kapitals. Im Lichte der seit mehreren Jahren schon andauernden tiefen Zinsen und Renditen wird von vielen (bis anhin erfolglos) kritisiert, dass der konstant angewendete Kapitalisierungszinsfuss von 3,5 % nicht dem mutmasslichen, in Zukunft erwarteten Kapitalertrag entspreche (siehe zum Ganzen Schaetzle / Weber, Kapitalisieren, 5. Auflage, Rz 1.151 bis 1.154).
Zum Ganzen gilt: In rechtlichen Auseinandersetzungen ist der Zins oft von grosser Bedeutung, was dem Betroffenen oft erst im Nachhinein bewusst wird. Hoffen wir, dass er sich darüber freuen kann und nicht ärgern muss!
Bei Fragen steht Ihnen Rechtsanwalt Dr. Eugen Mätzler gerne zur Verfügung.